Die „Große“ Koalition hat kürzlich einen neuen Schritt in der Rentenpolitik angekündigt, der weitreichende Folgen für Millionen Bürgerinnen und Bürger haben wird. Künftig sollen zusätzliche Einkunftsarten wie Zinsen, Dividenden, Aktiengewinne und Mieteinnahmen in die Beitragsbemessung der gesetzlichen Rentenversicherung einbezogen werden. Offiziell wird dieses Vorgehen als Maßnahme zur Stabilisierung des Systems beschrieben. In Wahrheit verdeckt es jedoch nur die tieferliegenden strukturellen Probleme eines Modells, das seit Jahrzehnten keiner grundlegenden Reform unterzogen wurde.
Bei genauer Betrachtung wird deutlich, dass diese Ausweitung der Bemessungsgrundlage vor allem jene trifft, die bereits heute einen erheblichen Teil der staatlichen Lasten tragen: die Mittelschicht. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, kleinere Selbstständige, Familien mit Rücklagen und private Sparer werden künftig stärker zur Kasse gebeten. Menschen, die Verantwortung übernehmen, privat vorsorgen und Vermögen aufbauen, sollen damit erneut die Defizite eines Systems ausgleichen, das politisch seit Jahren auf Verschleiß gefahren wird. Die wirklich Vermögenden hingegen bleiben weitgehend verschont, weil große Vermögenswerte in Kapitalgesellschaften oder anderen juristischen Konstruktionen liegen, die von dieser Maßnahme unberührt bleiben. Das ist weder gerecht noch zielgerichtet – es ist ein weiteres Beispiel dafür, dass politischer Mut durch kurzfristiges Flickwerk ersetzt wird.
Diese Entscheidung zeigt, wie sehr die Bundesregierung darauf setzt, Probleme durch Mehreinnahmen zu kaschieren, statt sich der Realität zu stellen. Die Herausforderungen des Rentensystems entstehen nicht durch zu wenige beitragspflichtige Einkunftsarten, sondern durch die tiefgreifende demografische Entwicklung, die Deutschland seit Jahren verändert. Immer weniger junge Beitragszahler stehen einer wachsenden Zahl von Rentnerinnen und Rentnern gegenüber. Menschen werden älter, und die geburtenstarken Jahrgänge treten sukzessive in den Ruhestand ein. Die Finanzierung auf Basis eines Umlageverfahrens gerät dadurch zunehmend ins Wanken. Dennoch bleibt die Politik untätig und versucht nun, das bestehende System über eine breitere Belastung der Bürger zu stützen, anstatt es endlich zu modernisieren.
Die Belastung privater Vorsorgeformen sendet zudem ein fatales gesellschaftliches Signal. Sparen, Investieren und Eigenverantwortung werden nicht gefördert, sondern bestraft. Die Menschen sollen einerseits für ihr Alter privat vorsorgen, verlieren aber andererseits das Vertrauen, dass sich diese Vorsorge überhaupt lohnt, wenn jede zusätzliche Anstrengung durch neue finanzielle Belastungen relativiert wird. Dies schwächt nicht nur die wirtschaftliche Stabilität der Bürger, sondern untergräbt auch das Vertrauen in die langfristige Verlässlichkeit politischer Entscheidungen. Ein Staat, der Eigeninitiative bestraft, hemmt Innovationskraft und erschwert sozialen Aufstieg.
Gleichzeitig drängt sich die Frage auf, ob die Entlastung großer Vermögensstrukturen ein Zufall oder schlicht das Ergebnis eines Regierungsstils ist, der vor allem diejenigen belastet, die nicht über komplexe steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten verfügen. Während Privatpersonen aus der Mittelschicht jeden Euro offen versteuern müssen, sind große Vermögensverwalter oder Unternehmen weitgehend geschützt. Die Schere zwischen tatsächlicher finanzieller Belastung und politisch verkündeter Gerechtigkeit geht dadurch weiter auseinander.
Deutschland braucht jedoch nicht mehr kosmetische Maßnahmen oder politisch bequeme Scheinlösungen, sondern eine konsequente, nachhaltige Reform der Rentenversicherung. Dazu gehören eine klare Anerkennung der demografischen Realität, die Einführung kapitalgedeckter Elemente, die langfristig Stabilität schaffen können, sowie eine spürbare Entlastung der arbeitenden Bevölkerung. Nur eine solche Reform kann gewährleisten, dass das Rentensystem auch in Zukunft verlässlich, finanzierbar und generationengerecht bleibt.
Als Bündnis Deutschland Niedersachsen setzen wir uns für eine Politik ein, die ehrlich ist, Verantwortung übernimmt und Probleme nicht länger verschiebt. Die Rentenpläne der Großen Koalition sind ein weiterer Versuch, Zeit zu gewinnen, indem man zusätzliche Lasten verteilt, ohne die Ursachen anzugehen. Es ist höchste Zeit, den Mut aufzubringen, die notwendigen strukturellen Veränderungen einzuleiten, statt weiterhin am Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zu sägen.
Deutschland braucht eine echte Rentenwende – eine Politik, die die Interessen der Mitte schützt, Eigenvorsorge stärkt und langfristige Stabilität in den Vordergrund stellt. Weg von kurzfristigen Einnahmetricks, hin zu einer modernen, nachhaltigen und fairen Rentenpolitik.






